1. Was ist eine Marke?

Für Marken gibt es unterschiedlichste Definitionen. Für dieses Buch wollen wir aber eine ganz einfache Übersetzung wählen:

Eine Marke ist ein Leistungsversprechen

Ein Satz mit fünf Wörtern. Aber auf das Wesentliche heruntergebrochen ist eine Marke genau das: Ein Versprechen an zukünftige und bestehende Kunden für eine bestimmte Leistung. Das ist auch das Ziel dieses Buches: Ganz klare Aussagen zu Aufgabenstellungen zu liefern und viele Mechanismen brutal zu vereinfachen, genau wie die digitale Welt funktioniert.

Es gibt viele Markenmodelle auf dieser Welt. Jedes hat seine Vorteile und Stärken. Damit es aber ein allgemeines Verständnis der Methoden und Ansätze in diesem Buch gibt, will ich ein Markenmodell definieren, auf das in der Folge immer wieder Bezug genommen wird. Daher ist es wichtig hier ein sehr einfaches, aber funktionales, Markenmodell zu definieren. Das Modell ist aus der Psychologie abgeleitet:

Damit der Mensch eine Einstellung zu etwas aufbauen kann, braucht es drei Faktoren: Zwei davon (affektiv und kognitiv) sind für die Marke entscheidend:

  • Affektiv – die Emotion, mit der das Herz berührt wird
  • Kognitiv – die Fakten, mit denen ein klares Leistungsversprechen abgegeben wird
  • Verhalten – das Verhalten der Mitarbeiter, das Erlebnis

Das Verhalten hat natürlich auch einen großen Anteil daran, dass ich als Kunde eine positive Einstellung zu einer Marke aufbaue. In der (digitalen) Kommunikation kann man aber diesen Bereich nicht abdecken, daher findet dieser Bereich in meinem Markenmodell keine Berücksichtigung.

Neben dem Leistungsversprechen braucht es auch die Emotion (affektiv) dazu. Leider wird dieser Betriff etwas überstrapaziert, oder wird in einer sehr faktenbasierten Welt als Allheilmittel propagiert. Aber aus dem Ansatz lässt sich ein sehr einfaches Markenmodell aufbauen:

Markenmodell

Kern-Ring-Modell

Das Modell besteht aus einem emotionalen Markenkern und einem kognitiven Ring mit drei bis fünf Fakten, die die Emotion des Kerns untermauern. Warum drei bis fünf? Ganz einfach: Mehr als fünf kann sich kein Mensch merken. Übersetzt kann man auch sagen: Der Markenkern ist die Vision der Marke und der Ring sind die Ziele. Die Vision ist das emotionale Versprechen und die Ziele sind quantifizierbar und erreichbar. Damit schafft man eine Argumentationskette, die auch in den Köpfen der Menschen hängen bleibt.

Die Ausformulierung der Vision und der Ziele ist dann das eingangs erwähnte Leistungsversprechen, das man in den Köpfen der Menschen verankern möchte. Übrigens: Das Logo der Marke ist dann das Wiedererkennungszeichen für das Leistungsversprechen. Da wo es darauf prangt, kann der Kunde davon ausgehen, dass das drinsteckt, was er in der Kommunikation gelernt hat.

Im Vergleich zur realen Welt hat allerdings eine Marke, oder deren Kommunikation, bei weitem nicht den Platz und den Raum, um so viele Inhalte zu erzählen. Das Modell ist sehr kompakt, äußerst auf das Wesentliche konzentriert. Trotzdem ist es eine große Aufgabe alles so zu beschreiben, dass man es in drei Sätzen vollständig abbilden kann. Drei Sätze Aufmerksamkeit in der digitalen Welt sind schon mehr als einem normalerweise zur Verfügung steht.

Real vs. Digital

Um aber die Anforderungen der digitalen Welt an eine Marke herausarbeiten zu können, müssen wir etwas weiter ausholen. Wo liegen die Unterschiede zwischen realer und digitaler Welt? Ich verwende bewusst nicht die schon häufig gelernten Begriffe Offline und Online oder klassisch und Online – ich möchte Real und Digital ganz gezielt als Bezeichnung definieren, um Klarheit zu schaffen und Grenzen zu ziehen. Warum? Weil einerseits der physische Charakter der realen Welt bewusst gemacht werden muss, andererseits aber die digitale ohne die reale Welt nicht existieren kann. Außerdem haben Sie schon gelernt, dass wir alles in diesem Buch auf das Wesentliche herunterbrechen möchten.

Die digitale Marke

Möchte man sich in der realen Welt zurechtfinden, nimmt man eine Karte. Landkarten beispielsweise bieten in unterschiedlichsten Ausprägungen eine Übersicht über die Topographie der Umgebung, zeigen Straßen und Städte. Man kann hier wunderbar navigieren und Pläne schmieden. Wie sieht es aber digital aus? Wie bewegt man sich digital? Wie schafft man sich hier einen Überblick?

Digital bewegen sich die Menschen in Themen.

Jeder Like für einen bestimmten Inhalt in einem sozialen Netzwerk hängt mit einem Thema zusammen. Jede Suchanfrage behandelt ein bestimmtes Thema. Jedes Video auf einer Streamingplattform hat ein Thema. Digital bewegt man sich also immer in Themen. Nicht auf Straßen, in Städten oder Ländern.

Wir haben es vorhin kurz angesprochen, die digitale Welt ist extrem geprägt mit minimalen Aufmerksamkeitsspannen und speziellen Formaten wie kommuniziert werden kann. Die berühmte Zeichenbeschränkung bei Twitter, kleine Vorschaubilder bei Konten, Bannerformate, die Länge von Stories bei Instagram und vieles mehr. Dies betrifft Text genauso wie Bilder und Videos.

Jetzt kombinieren wir die beiden Erkenntnisse:

  • Erkenntnis 1: In der digitalen Welt bewegen sich die Menschen in Themen
  • Erkenntnis 2: Die digitale Welt hat eine kurze Aufmerksamkeitsspanne mit definierten Formaten

Wir haben eingangs gelernt, dass wir alles auf das Wesentliche herunterbrechen werden und genau das ist es was eine digitale Marke ausmacht, daher finden wir folgende Definition:

Die digitale Marke ist die zielgruppenspezifische Übersetzung einer Marke optimierten Ausprägungen

Diese Definition ist etwas länger, aber wir sind ja jetzt auch schon tiefer im Thema: Was heißt das genau?

Thema x Format

Somit ist der Lösungsraum sehr gut definiert: Die digitale Marke ist immer eine Teilmenge der gesamten Marke (das Kern-Ring-Markenmodell). Aber: Durch das Thema ist genau das möglich, was durch das Format vorgegeben wird. Ich übersetze und vereinfache mein Markenmodell auf das jeweilige Thema. Hier reicht dann für den Einstieg beispielsweise die Zuspitzung auf eines der drei bis fünf Fakten. Es wird nur auf das für das Thema Wesentliche in der Vision eingegangen.

Ein Beispiel: Optimiert man für eine bestimmte Suche bei Google, so kann man aufgrund der Suche versuchen die Intention des Suchenden abzuleiten und genau die Aspekte meiner Marke zuspitzen, welches auf die spezifische Anfrage passen. Somit bin ich nicht mehr gezwungen das Gesamtbild zu kommunizieren, sondern ich kann ganz spezifisch es so weit herunter optimieren, dass die Inhalte in das zur Verfügung stehende Format und die geringe Aufmerksamkeit passen. Diese Aufgabenstellung gekonnt umzusetzen ist die große Kunst im Digitalmarketing.

Um es besser zu verstehen, der Vergleich mit der realen Welt: Bei einem Schaufenster spaziert die ganze Stadt vorbei. Sprich, hier muss ich möglichst breit Zielgruppen ansprechen, auch meine Leistungen, welche auch immer das sind, breit kommunizieren, da sich ja jeder angesprochen fühlen soll der bei mir einkaufen könnte. In der digitalen Welt kann ich aber für jeden Interessierten ein eigenes Schaufenster gestalten.

Digitale Mikromarken

Es entsteht, bildlich gesprochen, ein Mikromarken-Puzzle, wo jede Mikromarke zu einem bestimmten Thema und Format hin optimiert ist. Fügt man alle Mikromarken wieder zusammen, so entsteht wieder das gesamte Markenbild. Genau genommen, müsste es ein 3D Puzzle sein, da sich mit den unterschiedlichen Formaten jeweils andere Mikromarken ergeben, die übereinandergelegt aber wieder die gleiche Zielgruppe ansprechen und so den Teil im Puzzle ausfüllen.

Das klingt jetzt verdächtig nach Filterblasen? Ist es auch. Sie kennen vielleicht die Doku über Cambridge Analytica? Wenn nicht, kein Thema, ich versuche das Prinzip sehr knapp und vereinfacht zu erklären:

Es wurden Zielgruppen gesucht, welche über beispielsweise Facebook angesprochen werden konnten. Für diese Zielgruppen wurden speziell Inhalte entwickelt, um für eine politische Position zu werben. Dies wurde so weit getrieben, dass der einen Gruppe ein Standpunkt kommuniziert wurde und der anderen Gruppe das genaue Gegenteil. Da die beiden Gruppen den Inhalt außerhalb ihres Bildschirms nicht kannten, war es möglich, dass der Kandidat für beide Gruppen wählbar erschien, obwohl die Motive für die Wahl komplett das Gegenteil waren. Dies ist gerade bei der politischen Kommunikation äußerst fragwürdig und schäbig. Hat aber äußerst gut funktioniert.

Hier wieder die Analogie zum Anfang mit dem Beispiel vom Gasthaus: Der eine findet das Gasthaus bei einer Suche bei Google und geht mit seiner Familie essen hin. Der andere findet das Gasthaus nicht, er geht davon aus, dass das Gasthaus nicht mehr existiert und geht mit seiner Familie woanders hin. Man kann hier leicht verwirrt feststellen, dass beide Menschen in völlig anderen Realitäten leben, die digitale Welt macht dies aber möglich. Jetzt kann man wie bei dem Beispiel mit Cambridge Analytica Schindluder damit treiben, oder aber seine Kommunikation und Marke auf diese Welt anpassen und optimieren.

Sie müssen nicht, oder besser gesagt sollten auf gar keinen Fall, der jeweiligen Zielgruppe das erzählen, was diese hören möchte und wenn es das komplette Gegenteil ist. Aber stellen wir uns vor, wir verkaufen eine Taschenlampe. Diese hat zwei Eigenschaften: Sie ist besonders leicht und hat eine besonders lange Leuchtdauer. Wenn jetzt jemand bei einer Suche eingibt „leichte Taschenlampe“ sollte die Produktbeschreibung auf diese Eigenschaft als erstes eingehen. Sucht allerdings jemand nach „Lange Leuchtdauer Taschenlampe“, dann werden wir versuchen, dass der Aspekt der langen Leuchtdauer als erstes aufscheint. Erst wenn wir die Aufmerksamkeit des potenziellen Kunden haben, können wir vom zweiten großartigen Aspekt des Produktes erzählen.

Das Beispiel zeigt, man muss auf keinen Fall etwas versprechen was nicht ist, allerdings ist es entscheidend, was ich bei Thema x Format als Teil meines Markenbildes erzähle. Das Beispiel mag einfach erscheinen, allerdings bringt es die Anforderung an die digitale Welt auf den Punkt. Im nächsten Kapitel werden wir jetzt die Mechanismen genauer beleuchten.

Spezifität

Eigentlich ein Wort das häufig in der der Medizin verwendet wird. Bildungssprachlich steht im Wörterbuch:

Für jemanden, eine auf spezifischen Merkmalen, beruhende Besonderheit

Und um genau das geht es auch in der digitalen Welt: Die spezifischen Merkmale meiner Leistung so zu kommunizieren, dass es für den Menschen, der genau diese optimierte Kommunikation sieht, die beruhende Besonderheit meiner Leistung klar wird. Das führt dann dazu, dass der Eindruck entsteht, dass ich genau der bin, der das Problem für den Menschen lösen kann. Nachdem sich eben Zielgruppen ganz genau eingrenzen lassen, können die Kommunikationsmittel genau auf die einzelnen Zielgruppen zugeschnitten werden und werden damit treffsicher. Wenn Sie immer die gleiche Botschaft auf allen Kanälen und über alle ihre Leistungsmerkmale hinweg kommunizieren, dann haben Sie entweder ein genial einfaches Produkt für jeden, oder Sie schöpfen bei weitem noch nicht das Potential aus.

Häufig gestellte Fragen

Was ist eine Marke?
Eine mögliche Definition einer Marke kann sein: Eine Marke ist ein Leistungsversprechen. Alle Details dazu und welches Konzept sich dahinter verbirgt im Artikel.
Was ist eine digitale Marke?
Nachdem sich Menschen digital in Themen bewegen, ist eine digitale Ausprägung einer Marke ein spezialisierter und optimierter Ausschnitt, passend zum jeweiligen Thema der Zielgruppe.