7. Design von Websites

Gut durchdachte Webanwendungen kommen fast gänzlich ohne Design aus.

Viele Agenturen sind tendenziell im kreativen Bereich angesiedelt, die wenigsten haben Beratungskompetenz im Sinne von technischem Know-how. Man kann aber leider mit einem Künstler genauso wenig über die Folgen der Digitalisierung diskutieren, wie mit einem Orthopäden über das Zurechtschneiden eines Obstbaums. Uns ist bewusst, dass wir bei diesem Thema mancherorts einen Aufschrei erzeugen, da wir doch damit einigen glatt die Kompetenz absprechen! Doch wir möchten mit dieser provokanten Aussage zum einen innerhalb der Branche eine Diskussion entfachen und zum anderen auch Kunden und Unternehmen sensibilisieren.Woran hakt es?

Woran hakt es bei der Gestaltung?

Kurz zur Geschichte: Grafik ist ein Handwerk, früher noch ohne Computer in der Hand von handwerklichen Betrieben mit einer großen Portion Kreativität und künstlerischer Begabung. Daraus haben sich schnell Agenturen entwickelt, bei denen der künstlerische Anspruch und das eigene Tun im Mittelpunkt standen. Dies ist grundsätzlich auch richtig und wird nicht in Frage gestellt. Aber so wie ein Hammer überall Nägel sieht, so lösen Kreativ-Agenturen alle Formen von Aufgabenstellungen mit künstlerischen Ansätzen. Und hier kommen wir langsam zum Kern des Problems. Botschaften kreativ zu verpacken und mehr oder weniger anspruchsvoll umzusetzen, das war eine der Stärken von Werbeagenturen. Aber ist das heute noch relevant?

Beispiele für die Relevanz von Design bei Websites

Erstes Beispiel: Hat sich Google beim Start der eigenen Suchmaschine viel dabei gedacht, als einfach alle Farben ins Logo gepackt wurden? War da auch nur ein einziger Designer am Werk? Hat Google nicht die Coolness, diese absolut technische und auf keinen Fall kreative Darstellung bis heute beizubehalten? Ja! Ist der Ansatz, einfach ein Eingabefeld als Suchschlitz anzu- bieten und „that’s it“ nicht genial aber keinesfalls künstlerisch anspruchsvoll? Ja!

Zweites Beispiel:
War Facebook in seinen Anfängen als auch jetzt wirklich schön gestaltet? Ist es nicht sogar so, dass der einzige Grund, warum Facebook blau ist, der ist, dass der Gründer und Programmierer Mark Zuckerberg farbenblind ist? Ist das Logo ein Hammer? Würde man damit irgendeinen Kreativ-Preis gewinnen? Nein.

Drittes Beispiel: Hat Amazon jemals einen Designpreis für dieses komplett hässliche Design bekommen? Ist es nicht sogar zum Teil sehr technisch und völlig unübersichtlich aufgebaut? Würde es nicht manchen Kreativen reizen, Amazon optisch zu überarbeiten? Gibt es nicht viel schönere Onlineshops, die aber kein Mensch kennt?

Viertes Beispiel: Gibt es bei booking.com überhaupt einen Designer? Wirkt die Seite nicht extrem überladen? Hätte bei dem Vorschlag nicht jeder Kreative die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen? Dürfte booking.com aufgrund der gängigen Design- und „UX“-Lehre überhaupt funktionieren?

Fünftes Beispiel: Wird einem Kreativen bei YouTube eigentlich nicht schlecht? Nach wie vor ist das Aussehen sehr einfach und schlicht, ohne großes Tamtam. Nicht einmal bei der Schriftart hat man sich etwas gedacht. Dafür lassen sich einfach Videos streamen, am besten im Vollformat.

Sechstes Beispiel: Für die Österreicher: Ist das Design von krone.at (der erfolgreichsten News-Seite in Österreich) nicht komplett entbehrlich und noch schlimmer als das Kleinformat selbst? Kreuz und quer stören den Leser Banner, die einem jegliche Sicht nehmen, Ereignisse werden mit mehr als bildschirmfüllenden Bilder dargestellt – gerade klein genug, dass die Seite mobil noch funktioniert. Auch orf.at ist in Wahrheit eine Auflistung der Headlines vor einem hellblauen Hintergrund, mit einigen kleinen Bildern am oberen Rand. Auch hier könnte man gewiss kreative Hand anlegen und sehr schnell optische Verbesserungen schaffen.

Und damit kommen wir zum Kern

Das Aussehen ist in der digitalen Welt nur bis zu einem gewissen Teil relevant. Es ist kein wirklich bedeutender Erfolgsfaktor wie sehr wohl im realen Bereich. Damit fängt das Problem an, denn Kreativagenturen versuchen, auch digitale Aufgabenstellungen immer wieder von der Gestaltungsseite her zu lösen. Das Resultat sind dann so Blödheiten wie z.B. Animationen, die mobil nur mit Ruckeln und mit langer Ladezeit übertragen werden und so zu hohen Absprungraten führen. In der gesamten Geschichte der erfolgreichen Digitalunternehmen war und ist Grafik im künstlerischen Sinne absolut irrelevant. Es ist sogar so, dass sich Designer und Grafiker oft an den „unterstrichenen“ Links oder anderen Patterns stören oder der Meinung sind, man könnte Buttons gänzlich anders aussehen lassen. Doch es gibt einerseits sogar eine gesetzliche Vorgabe hinsichtlich der Kontraste im Sinne der Barrierefreiheit und andererseits muss eine Website einfach nur funktionieren. Daher heißen die Besucher einer Internetseite auch Benutzer und nicht Entdecker. Sie wollen eine Seite schlichtweg für ihre Bedürfnisse benutzen und sie wollen sich nicht auf einen Firlefanz einstellen müssen. Ein Klick und weg.

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Website ein technisches Produkt ist. Google ist das beste Beispiel dafür. Es ist klar, dass ein fancy Design für das eigene Ego und Bedürfnis gut ist, aber brauchen tut es keiner. Es gibt nicht ein vernünftiges Beispiel, bei dem Design, im Sinne eines künstlerischen Anspruchs, auch nur am Rande eine Rolle gespielt hat. FFF – „Form Follows Function“ gilt bei digitalen Geschäftsfeldern zu 100 Prozent. Entweder eine Website funktioniert perfekt oder sie existiert nicht. Dazwischen gibt es keinen Spielraum oder Raum für Kreativität.

Wenn man also ein Digitalisierungs-Projekt beginnt, sind folgende Prozesse relevant:

  • Wie haben die Systeme bisher miteinander kommuniziert?
  • Was kann ich wie automatisieren?
  • Wo kann man KI trainieren und mitlernen lassen?
  • Welche Ansichten brauchen meine Mitarbeiter, damit sie ihre Aufgaben effizient abwickeln können?

Gut durchdachte digitale Anwendung kämen so fast gänzlich ohne Design aus. Der Einsatz der bekannten Patterns reicht vollends aus.
Es gibt sicher Orthopäden, die wunderbar Obstbäume schneiden können. Aber rein aufgrund der Tatsache, dass Ärzte, je nach Fachrichtung, heilend mit Skalpell & Co. umgehen können, heißt das noch lange nicht, dass diese auch Obstbäume schneiden können. Diesen Eindruck gewinnt man allerdings bei Werbeagenturen, wenn diese aus ihrem ursprünglichen Handwerk heraus, Leistungen für die digitale Welt anbieten und dort mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen und damit ganze Branchen in Verruf bringen. Das Problem in der digitalen Welt besteht einfach darin, dass es nur ganz wenige echte Spezialisten mit technischem Know-how gibt und im Gegensatz dazu viele Halb-Belesene, die die Sprache der Techniker nur mitsprechen können, aber von den wirklich relevanten Dingen leider keine Ahnung haben.

Häufig gestellte Fragen

Wie gestaltet man eine Website?
Das Design von Websites wird unserer Meinung nach überschätzt. Es gibt zahllose Beispiele sehr technischer Seiten, welche äußerst erfolgreich funktionieren, da sie eine Funktion für den jeweiligen Benutzer erfüllen.